Ermunterung, Erfahrungen und Tipps zur nachhaltigen Bewässerung

Aller Anfang ist leicht
Mit Gießkanne und Wasser aus Küche oder Bad kann ein Baum ohne großen Aufwand mit dem notwendigen Nass versorgt werden.
Auch umfangreiche Projekte lassen sich wirksam realisieren, sie erfordern allerdings etwas mehr Vorbereitung.
Die hier zusammengestellten Erfahrungen beruhen auf einer größeren Bewässerungskampagne, mit der wir 50 junge Kastanien rund um den Dresdner Stresemannplatz von Juli bis Oktober wöchentlich mit Wasser versorgten. Ausgangspunkt war eine Initiative von Mitgliedern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Dresdner Stadtteil Blasewitz, die rasch breite Unterstützung gewann.

Das Projekt trägt inzwischen mit anderen Initiativen zusammen das Netzwerk „Dresden gießt“ dresdengiesst.de, das die Bewässerung des Stadtgrüns durch die Anwohnerschaft fördern möchte.


Mit der Bewässerung der Kastanien am Stresemannplatz zielte unser Projekt gleichzeitig darauf, die Sensibilität für die Ursachen und Folgen von Hitze und Trockenheit zu wecken und am konkreten Beispiel Engagement gegen die Folgen des Klimawandels anzustoßen. Daher platzierten wir die Kampagne bewusst in der Öffentlichkeit, gingen auf die Anwohnerschaft zu und boten Kitas instruktive Vorführungen zum „Mitmachen“ an. Wir stießen damit auf durchweg positive und häufig begeisterte Resonanz, wurden regelmäßig mit interessierten Fragen eingedeckt und ermunterten mit den Antworten dazu, selbst die Initiative zu ergreifen. Und wir erhielten aus der Anwohnerschaft sehr viel nachhaltige und handfeste Unterstützung beim Gießen. Kurzum, die Kampagne war so erfolgreich, dass wir über die Fortsetzung im kommenden Sommer nachdenken. Vor diesem Hintergrund möchten wir mit unseren Erfahrungen allen Interessierten Mut machen für Aktionen vor der eigenen Haustür.

Bedarf klären – Beratung einholen
Nicht alle Bäume benötigen Bewässerung und nicht alle Bäume, die unter der Trockenheit leiden, lassen sich mit unseren Mitteln wirksam bewässern. Es lohnt sich, vor dem Start mit sachkundiger Beratung vor Ort zu klären, welche Bäume Wasserbedarf haben und wie sie gegebenenfalls bewässert werden können. Bei unserer Kampagne war das Dresdner Amt für Stadtgrün sehr kooperativ. Die für die Stadtbäume zuständigen Mitarbeiter leisteten wichtige Hilfe bei der Auswahl der Bäume, gaben wertvollen Rat zu Wassermenge und Gießrhythmus und unterstützten uns beim Zugang zu einem Wasseranschluss. Tipps geben können beispielsweise auch Fachkundige aus Naturschutzverbänden, Forstwirtschaft und Gartenbau.

Bewässerung als Teamarbeit
Bei größeren und kontinuierlichen Bewässerungskampagnen sollte die Arbeit auf möglichst viele Schultern verteilt werden. Da alle Menschen neben dem Gießen auch andere wichtige Dinge zu erledigen haben und nicht Jeder und Jede sich an jedem wöchentlichen Gießtermin beteiligen kann, sind insgesamt mehr Menschen nötig, als für eine einmalige Gießaktion. Manche haben nur an einzelnen Terminen ein Zeitfenster, andere können vielleicht nur in der ersten oder zweiten Hälfte eines Termins mit anpacken – aber jede Hilfe zählt!

Wie kann ein größeres Team zusammenfinden? Den Anfang macht meist ein Kreis von Engagierten aus bereits bestehenden, anderen Arbeitszusammenhängen, die hitze- und trockenheitsgeplagte Bäume bewässern wollen. Ist dann eine Kampagne lokalisiert – z.B. die Linden in der ABC-Straße oder die Kastanien am XY-Platz –, ein fester Termin gefunden und lässt sich der Aufwand abschätzen, kann gezielt für die Beteiligung an einer Kampagne geworben werden. Wir machten mit Flyern in den Briefkästen der Anwohnerschaft auf den Starttermin der Aktion aufmerksam und konnten entsprechende Plakate in den Schaufenstern von Gewerbetreibenden vor Ort platzieren. Nicht alle Neugierigen trauen sich schon zur ersten Bewässerungsaktion, aber das praktische Beispiel hat großen Effekt: Wenn erkennbar ist, dass wöchentlich zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort Bäume gewässert werden, kommen Anwohner hinzu und greifen selbst zu Kanne oder Schubkarre. Unsere Aktion erfuhr große Verstärkung aus der Anwohnerschaft, oft von Menschen, die schon zuvor jeweils individuell einige Bäume gepflegt hatten.

Zugang zu Wasser sicherstellen
Einzelne Bäume können mit Wasser aus dem Hahn in Küche oder Badezimmer versorgt werden – größere Kampagnen haben einen deutlich größeren Wasserbedarf. Wir vergossen innerhalb von zwei Stunden ca. 3.000 bis 4.000 Liter. Das ist ein Mehrfaches dessen, was in dieser Zeit aus einem Haushaltsanschluss sprudelt. Je nach Größe der geplanten Aktion ist es also erforderlich, Zugang zu einem leistungsfähigen Wasseranschluss in der Nähe der zu gießenden Bäume zu erhalten. Nach wiederholten Anfragen bei Stadt und Wasserversorger konnten wir schließlich Wasser aus einem Bodenanschluss direkt am Stresemannplatz zapfen. Die Kooperationsbereitschaft der Städte und Gemeinden nimmt angesichts der Klimaveränderungen stetig zu. Es lohnt sich, notfalls mehrfach, mit der zuständigen Stadtverwaltung und/oder mit dem lokalen Wasserversorger über einen Zugang zu den meist unterirdisch verlegten Wassernetzen zu sprechen. Hilfreich ist es, dabei auf eine schon vorhandene Zapfstelle hinzuweisen – also vorher nach entsprechenden Verschlüssen im Gehweg zu suchen. Die Entfernung ist ein wichtiges Kriterium: Unserer Erfahrung nach ist es wenig praktikabel, das Wasser über längere Strecken als 200 Meter zu transportieren.

Effektiv und nachhaltig gießen
Wie das Wasser wirksam an die Bäume – und das heißt an die Wurzeln! – gebracht werden kann, hängt stark von den jeweiligen Bedingungen vor Ort ab. Es empfiehlt sich, rechtzeitig und möglichst mit fachkundiger Unterstützung zu klären, wie eine nachhaltige Bewässerung mit möglichst geringem Aufwand zu leisten ist.

Wir bewässerten die jungen Kastanien mit jeweils 60 bis 80 Litern, je nach Größe wöchentlich bzw. im Zweiwochenrhythmus. Da diese Kastanien schon bei der Pflanzung alle mit einer Gießöffnung und einem Rohr bis in den Wurzelbereich versehen wurden, konnten wir die Bäume sehr gezielt und vor allem zeitsparend bewässern: Wasser in die Öffnung – und gut! (Diese Zugänge erleichtern das Bewässern derart, dass angesichts des fortschreitenden Klimawandels den Kommunen nur empfohlen werden kann, diese Vorrichtung bei allen Neupflanzungen einzuplanen!) Bäume ohne derartige Gießöffnungen müssen in der Regel mit größeren Wassermengen über die Baumscheiben bewässert werden. Um ein Abfließen des Wassers von der meist trockenen Baumscheibe zu vermeiden und das erwünschte Versickern zu ermöglichen, sollte häufiger und in größeren Intervallen gegossen werden – hier ist etwas Zeit unerlässlich. Außerdem sollte hier in den frühen Morgen- oder Abendstunden gewässert werden, um die Verdunstung so gering wie möglich zu halten.

 Abhilfe können hier sogenannte Gießsäcke bzw. Bewässerungssäcke schaffen, die auf der Baumscheibe dauerhaft positioniert, das Wasser dosiert über einen längeren Zeitraum abgeben. Diese Gießsäcke sollten mehrfach in der Woche nachgefüllt werden. Um eine reibungslose Funktion zu gewährleisten, die Bedienungsanleitung beachten!
Der Wasserbedarf hängt von Art und Größe der Bäume und den örtlichen Bedingungen ab. Jungbäume freuen sich über 60 bis 100 Litern je Woche, wobei das Gießen über die Baumscheiben in der Regel größere Mengen erfordert, weil nur ein Teil des Wassers die Wurzeln erreicht.
Große Bäume können wohl nur in wenigen Fällen effektiv mit Wasser versorgt werden; sie müssten im gesamten Bereich unter der Baumkrone gegossen werden, so dass das Wasser bis in den Wurzelbereich dringt. Die dafür notwendigen riesigen Wassermengen lassen sich mit unseren Mitteln kaum herbeischaffen. Viele Stadtbäume haben zudem durch die Flächenversiegelung nur eine kleine Baumscheibe, die eine Bewässerung im Kronenbereich ausschließt.
 

 

Geeignetes Material bereitstellen
Bäume in der unmittelbaren Nähe des Wasseranschlusses können mit Gießkannen versorgt werden. Schon bei mittleren Entfernungen ab etwa 50 Metern ist aber das Schleppen des Wassers kräftezehrend und zeitaufwändig. Wasserkanister (10 L Volumen) und ein stabiler Handwagen bringen erhebliche Erleichterung. Als besonders kraft- und zeitsparend erwiesen sich Wassertransportsäcke (80 L, im Bau- und Landwirtschaftsbedarf), die in einer Schubkarre liegend befüllt und auch wieder entleert werden. Mit Schubkarren und Wassertransportsäcken lassen sich gegebenenfalls auch längere und unebene Wege bewältigen.

Zum gezielten Entleeren der Säcke verwendeten wir große Trichter und dicke Spiralschläuche – aus dem Baumarkt oder auch durch Upcycling alter Staubsaugerschläuche. Aus einem Wasserbassin (sogenannte „Mörtelwanne“, 90 L  Volumen, günstig im Baumarkt), das am Wasserhahn fortlaufend nachgefüllt wird, kann sehr einfach und schnell mit Gießkannen Wasser geschöpft werden.
Für  die Bewässerung über die Baumscheiben kommen evtl. sogenannte Gießsäcke bzw. Bewässerungssäcke (Volumen ca. 70 L) in Frage, die am Baum dauerhaft positioniert und befüllt, das Wasser über einen längeren Zeitraum dosiert abgeben (s. oben). Dies ist besonders für Jungbäume mit geringem Stammumfang sehr gut geeignet.
Die CO2-Bilanz profitiert entscheidend und der Aufwand sinkt beträchtlich, wenn das erforderliche Arbeitsmaterial nicht für jede Aktion mit PKW transportiert werden muss, sondern nahe am Einsatzort gelagert werden kann.

Arbeit überlegt ein- und aufteilen
Bei größeren Bewässerungsaktionen lässt sich mit einer sinnvollen Arbeitsteilung der Aufwand an Arbeit und Zeit deutlich reduzieren. Wie die jeweils aussieht, hängt natürlich von den Gegebenheiten vor Ort, den Präferenzen der beteiligten Personen und dem zur Verfügung stehenden Material ab.

Hier nur als Beispiel, wie wir die Aufgaben verteilten, wenn wir in voller Besetzung innerhalb von ca. zwei Stunden 50 Kastanien bewässerten:
Eine Person befüllte an der Zapfstelle fortlaufend Wasserwanne, Kanister und die Wassersäcke in den Schubkarren (eine sehr beliebte Aufgabe bei größeren Kindern!). Eine oder mehrere Menschen holten mit Gießkannen Wasser aus dem Bassin und gossen damit nahegelegene Bäume, eine Person beförderte mit einem Handwagen Kanister zu entfernteren Bäumen und nahm leere Behälter im Kreislauf zurück; eine Person goss die Kanister aus. Mit drei Schubkarren mit Wassersäcken brachten drei Menschen Wasser zu den entfernten Bäumen, wo eine oder zwei weitere Personen mit Trichtern und Schläuchen dafür sorgten, dass das Wasser schnell in die Gießöffnungen der Baumscheiben floss.
Die Aufgabenverteilung ergab sich bei uns meist aus der Gruppe selbstläufig, ein Tausch der Aufgaben bringt Abwechslung und hilft, einseitige Belastungen zu vermeiden.
Und ganz wichtig: Sicherheit! Die zu gießenden Bäume stehen meist am Straßenrand. Niemand darf beim Bewässern durch den Straßenverkehr gefährdet werden. Also am besten Gießen vom Gehweg aus, nur wenn das nicht möglich ist, unter sorgfältiger Beachtung des Verkehrs. Dies gilt natürlich besonders, wenn Kinder dabei sind.Sollte sich eine Aktion bis in die Dämmerung hinziehen, ist erhöhte Aufmerksamkeit gefordert.

Organisatorischen Aufwand begrenzen
Gießen ist Arbeit, Arbeit, die im Team viel Freude und Befriedigung bereiten kann. Die Motivation zur Beteiligung an einer nachhaltigen und längerfristig angelegten Bewässerungskampagne steigt deutlich, wenn sich die Arbeit auf das eigentliche Gießen konzentriert und der Aufwand für Organisation und Nebenarbeiten so gering wie möglich gehalten wird.Es ist z.B. oft einfacher und entspannter, im Team einen regelmäßigen wöchentlichen Gießtermin festzulegen, als wechselnde Termine jeweils gesondert abzusprechen oder online mit doodle und Co. zu vereinbaren. Ein fester Rhythmus macht das Projekt zudem für die Anwohnerschaft kenntlich und motiviert zur Mithilfe! Die Lagerung des Arbeitsmaterials möglichst nahe am Einsatzort spart Zeit und den oft nervigen Transport sperriger oder feuchter Werkzeuge über lange Wege.

Öffentlichkeit herstellen – Interessierte teilhaben lassen
Das Wasser kommt allein den Bäumen zugute, Bewässerung aber leistet viel mehr. Sie ist zugleich ein deutlicher Fingerzeig, ein Zeichen dafür, dass die Natur unter dem menschengemachten Klimawandel leidet. Sie führt das Problem nicht nur vor Augen. Unübersehbare, nachhaltige Gießkampagnen zeigen auch, dass es notwendig und dass es möglich ist, gegen die Klimakrise aktiv zu werden. Die Beteiligung an einer Bewässerungskampagne ist ein Schritt, oftmals kommen weitere bei der Bekämpfung der Ursachen ders Klimakrise hinzu. Es lohnt sich, kontinuierliche und nachhaltige Kampagnen selbstbewusst öffentlich zu machen.
Wir haben zum Auftakt der Bewässerung am Stresemannplatz Medien eingeladen. Die umfangreiche Berichterstattung in Presse und Fernsehen stellte das Projekt in den Zusammenhang des vom Klimawandel vielerorts bedrohten Stadtgrüns und machte es zugleich in der Stadt bekannt.
Nachdem die Arbeitsabläufe eingespielt waren boten wir mehreren Kitas eine Vorführung unserer Bewässerungsmethoden für die etwas „Größeren“ – also für Vorschulkinder – an, bei der wir auch die Gründe erklären und bei der die Kids gemeinsam auch selbst eine Kastanie gießen. Die Kitas vereinbarten sofort einen Termin, an dem dann die Kinder und wir selbst viel Spaß hatten, und von dem – so hörten wir in der Folge – die Kinder vom Stresemannplatz auch etwas mitgenommen haben, über die Notwendigkeit, Bäume zu gießen im Klimawandel.



Haben wir Interesse und Tatendrang geweckt für eine kleinere oder größere Bewässerungsaktion in ihrem Stadtviertel oder vor der eigenen Haustür?
Sehr gern leisten wir bei Bedarf Starthilfe für künftige Vorhaben und beantworten Fragen zu Gießprojekten.
Email: buero@gruene-dresden.de

November 2020
Dr. Peter Skyba, Nadja Goernert   
Regionalgruppe Blasewitz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dresden

Diesen Bericht könnt Ihr auch hier als pdf-Dokument runterladen und gerne an Interessierte weiterreichen.

Weitere Informationen auf der Seite der Blasewitzer Grünen und auf unserer Themenseite zu Stadtbäumen.



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